Die spirituelle Krise der Gegenwart

In den letzten Monaten hat sich bei vielen Menschen ein Gefühl von Aussichtslosigkeit und Erstarrung ausgebreitet, bis hin zu schwindendem Lebenswillen und seelischer Erschöpfung. Lange Zeit wurde diesen Phänomenen wenig Raum gegeben, galt es doch vordringlich, durchzuhalten und Vernunft zu beweisen. Was geschieht aber mit einer Gesellschaft, in der nicht nur große Teile des öffentlichen Lebens, sondern auch die Wahrnehmung der eigenen Gefühle sich im Lockdown befinden, und somit sich die ohnehin verbreitete (traumatische) Erfahrung emotional-seelischer Isolation verstärkt? Zweifellos nehmen aktuell Ängste, Ohnmachtsgefühle und ein schleichendes Abspaltungsempfinden zu: wo und wie fühlen, ja erleben wir uns noch miteinander verbunden? In jedem Fall gerät die Gesellschaft in eine aporetische Gemengelage zwischen Vermeidung physischer Krankheit und Hervorrufung seelischer Krankheiten. Die Schriftstellerin Thea Dorn hat es kürzlich noch zugespitzter ausgedrückt, als sie davon sprach, dass Todesvermeidung um jeden Preis den Menschen in eine existenzielle Aporie bringt: Wenn er sein Handeln einzig danach ausrichtete, alles zu unterlassen, was gesundheitsgefährdend bis tödlich sein könnte, bliebe von seinem Leben nichts mehr übrig, das diesen Namen verdiente. Zugespitzt formulierte sie, dass der Mensch dann Selbstmord beginge aus Angst vor dem Tod.

Wäre es nicht ein Weg, sich dieser Aporie zu stellen, indem wir unser Handeln, Denken und Fühlen nicht nur an Zahlen und Daten ausrichten, sondern uns dem Thema stellen, welches die Pandemie auf die Tagesordnung setzt: Vergänglichkeit, Verletzlichkeit und Endlichkeit. Die Moderne erscheint manchmal als ein großes Projekt des Vergessens jeder Endlichkeit – als ob alles jederzeit unbegrenzt zur Verfügung stünde. Müssen wir vielleicht den Umgang mit Grenzen neu erlernen? Grenzerfahrungen berühren den spirituellen Teil in uns. Die erste Grenze ist die Haut, sie schützt uns, ist zugleich verletzlich und – sie atmet, so dass wir dadurch in den Austausch mit der Welt kommen. Spirare bedeutet atmen, und so ließe sich die plötzliche kollektive Erfahrung von Grenzen des Verfügbaren und Machbaren durchaus als spirituelle oder als Krise des Atmens bezeichnen. Durch die Atmung wird die Hautgrenze durchlässig, und wenn wir Spiritualität u.a. als das erfahren, was mit Durchlässigkeit, Resonanz, Verbindung und Begegnung statt Bemächtigung zu tun hat, dann könnten sich darin neue Felder des Fragens öffnen – vor allem in Hinsicht auf Vergänglichkeit, der Durchlässigkeit von Grenzen und der Verletzlichkeit des Menschen. Könnte nicht gerade in der Annahme der Vergänglichkeit eine Kraft liegen, die Wege ins Offene und somit aus dem Social Distancing heraus zeigen würde? Vielleicht sogar eine tiefere Weisheit, derer wir gerade in dieser Zeit bedürfen?

Die Veranstaltung findet über Zoom am Freitag, den 26. März von 19 bis 21 Uhr statt.

Im Anschluss an das Kreisgespräch wird es Gelegenheit zu einem kurzen Austausch in Kleingruppen sowie danach im großen Plenum geben. Diese Einladung ist nicht auf die Freunde und Gäste von Spree-Athen beschränkt, sondern wird auch über die sozialen Medien und weitere Netzwerke verbreitet. Insofern dürfen Sie/dürft Ihr auch gern noch andere Menschen dazu einladen. Alle diejenigen, die teilnehmen möchten, müssen sich jedoch vorher anmelden, um den Zugangslink zu bekommen. Wir bitten also darum, eine Anmeldung per Mail an info@spree-athen.eu zu schicken – daraufhin bekommen Sie/bekommt Ihr zwei Tage vor der Veranstaltung den Zoom-Link mit den Zugangsdaten zugeschickt, mit dem man sich am 26. März entsprechend einklinken kann.

Plakat zur Veranstaltung
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